Programmstruktur- und Inhaltsanalyse betraute lokale Fernsehprogramme
"Vielfalt und Qualität im Lokalfernsehen in Sachsen"
Programmstruktur- und Inhaltsanalyse der journalistischen Berichterstattung in den betrauten lokalen Fernsehprogrammen in Sachsen im Kontext von Print und Online
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Auftraggeber: Sächsische Landesmedienanstalt (SLM)
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Auftragnehmer: CONOSCOPE GmbH, Leipzig
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Veröffentlichung in der SLM-Schriftenreihe, Band 30
- Die vorliegende Studie evaluiert die gesendeten Inhalte der durch die SLM betrauten Lokal-TV-Programme. Sie analysiert diese hinsichtlich ihrer Themenausschöpfung, aber auch hinsichtlich der Qualität der handwerklichen Umsetzung und vergleicht ihre Vielfalt mit den lokaljournalistischen Inhalten vergleichbarer konkurrierender Angebote in Print, Hörfunk oder Internet. Die Studie überprüft, ob mit der Themenauswahl der Sender im Prüfungszeitraum Sommer/Herbst 2023 tatsächlich relevante Themen vor Ort behandelt wurden und, ob die Berichterstattung ausgewogen und unter journalistischen Gesichtspunkten angemessen erfolgte.
- Die SLM verfolgte mit der Untersuchung das Ziel, Erkenntnisse zu gewinnen, inwiefern in den verschiedenen sächsischen Regionen durch die Informationen und Nachrichten des Lokal-TVs eine breite Berichterstattung erreicht wurde und es Bewohnerinnen und Bewohnern vor Ort durch Lokal-TV in Ergänzung zu den übrigen Medien ermöglicht wurde, sich über aktuelle lokale Geschehnisse zu informieren.
- Methode: Quantitative Inhaltsanalyse
Um die Programme zu untersuchen, wurde eine Inhaltsanalyse durchgeführt, die formale und inhaltliche Elemente erfasste. Die verschiedenen Qualitätsmerkmale und ihre Ausprägungen wurden in Form eines Codebuchs zusammengestellt. Hierzu wurde ein Kategorienschema entwickelt, mit dem die Programmangebote der Aufgabenstellung entsprechend untersucht wurden.
Zentrale Ergebnisse
Im Rahmen der Studie wurden etwa 2.200 Sendeminuten der 12 betrauten sächsischen Lokal-TV-Programme im Vergleich mit Inhalten von 12 lokalen und regionalen Radioangeboten, 14 lokalen und regionalen Printangeboten (inklusive Online) sowie 2 Regional-TV-Angeboten analysiert. Die Untersuchung erfolgte dabei in zwei kompletten, natürlichen Wochen im Juni und Oktober 2023.
Die zentralen Ergebnisse dieser Programmanalyse sind:
- Großer Mehrwert für die lokale Informationslandschaft
Die betrauten sächsischen Lokal-TV Veranstalter machen ein ansprechendes und hochwertiges Nachrichtenprogramm. Sie senden außerhalb der Themenschnittmengen mit anderen Medien exklusive Inhalte mit hoher Themen- und Beitragsvielfalt, starker lokaler Fokussierung und sorgfältiger Aufbereitung der Inhalte. Die betrauten sächsischen Lokal-TV-Anbieter spielen somit eine unverzichtbare Rolle in der lokalen und regionalen Informationslandschaft, sind Abbild der Lebenswirklichkeit in den Verbreitungsgebieten und haben eine identitätsstiftende Wirkung.
- Großer Mehrwert bei Schwerpunkt-Themen
Der größte Mehrwert der exklusiven Lokal-TV-Berichterstattung liegt im Bereich der "gesellschaftlichen“ Themen, kulturellen Ereignisse und Sport. Hier setzen die betrauten Lokal-TV-Sender vorwiegend Themenschwerpunkte, die nicht von Referenzmedien aufgegriffen werden, um und bieten somit einen besonderen Informationszugewinn für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Weitere relevante Themen-bereiche, wie Politik, Wirtschaft und Gesundheit werden weniger exklusiv bzw. im Vergleich zu den Referenzmedien in einem geringeren Maße aufgegriffen.
- Noch Potential im Bereich der Vielfalt
Die Zusammenfassung der Analyse zeigt auf, dass Lokal-TV-Inhalte in ihrer Gestaltung und Themensetzung eine mittlere bis hohe Vielfalt aufweisen. Dies zeigt sich in erster Linie bei der Wahl der journalistischen Beitragsformen (z.B. Berichte, Interviews, Moderationen und Sprechermeldungen) sowie bei der Wahl der Akteure, die in den Sendungen zu Wort kommen. Die thematische Vielfalt sei noch ausbaufähig, ebenso wie die Wahl der Beitragsarten, also ob eine MAZ eingespielt wird, das Programm im Studio produziert wird oder ein Redaktionsteam live unterwegs ist. Die Studie kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass ihr Potential als umfassendes Informationsmedium von den Lokal-TV-Programmen noch nicht umfassend ausgeschöpft wird und, dass eine Vielfalt von Themen und Beiträgen sowie die journalistischen Funktionen, die das Lokal-TV für Sachsen erfüllen soll (u.a. Information über aktuelles Geschehen, Kritik und Kontrolle), nur in der Summe der einzelnen Programme erfüllt werden.
Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass im Rahmen der vorliegenden Studie jeweils eine Erhebungswoche im Sommer sowie Herbst untersucht wurde, was nur eine Momentaufnahme der publizistischen Leistung der Sender darstellt.
Eine Auswahl weiterer Prüfungsschwerpunkte:
- Aktualität der Berichterstattung
Die Aktualität der Berichterstattung ist auch im Lokalfernsehen der wichtigste Faktor, wenn es aus der Perspektive der Zuschauer darum geht, sich dem Programmangebot zuzuwenden. Die Abbildung des aktuellen Geschehens ist wiederum eine der wichtigsten Aufgaben von Journalistinnen und Journalisten sowie von den Programmverantwortlichen. 71 Prozent des untersuchten Materials haben einen tages- oder wochenaktuellen Bezug der Berichterstattung. Damit tragen die untersuchten Sender in ihren Nachrichtensendungen ihrem Auftrag Rechnung, die Menschen über aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zu informieren.
- Beitragsherkunft im sächsischen Lokal-TV
Die Beiträge wurden zu einem bedeutenden Teil über alle untersuchten Medien hinweg mit eigenen redaktionellen Mitteln produziert. Fast drei Viertel aller Inhalte wurde von den Redaktionen selbst recherchiert und produziert.
- Themenorte im sächsischen Lokal-TV
Vor allem in der Betrachtung der Themenorte hinsichtlich der Schnittmengen mit anderen Medien wird die Stärke des Lokal-TV sichtbar. Insbesondere in den Sendeanteilen, bei denen es keine Schnittmengen zu anderen Medien gibt, dominiert das hyperlokale Geschehen, also Ereignisse im Kleinstraum in Stadt und Land. Das können Kulturveranstaltungen, politische Podien oder auch Sportveranstaltungen sein, die in Stadtvierteln oder kleineren Gemeinden stattfinden, über welche die „klassischen” Medien nicht berichten. Im Lokalen und erst recht im Hyperlokalen liegt aus Sicht der Forschergruppe die eigentliche Stärke des Lokal-TV und die Chance, Öffentlichkeit herzustellen.
Auszüge
der Zusammenfassung aus Sicht der Forschungsgruppe:
Zusammenfassend kann in der empirischen Analyse der Lokal-TV-Angebote festgestellt werden, dass jeder Sender mit bestimmten Gestaltungs- und programmatischen Ansprüchen an die Aufgabe, ein aktuelles und lokal relevantes Medienangebot zu schaffen, herangeht. Dabei zeigen sich einige Schwächen, aber auch eine Vielzahl von Stärken. Die meisten Sender bieten ein mittelvielfältiges Programm an, das einen tages- und wochenaktuellen Anspruch verfolgt, eine gewisse lokale und hyperlokale Relevanz vermittelt und mit einer hohen Wertigkeit produziert wird.
Insgesamt zeigen die Programme der sächsischen Lokal-TV-Sender außerhalb der Themenschnittmengen mit anderen Medien, dass sie eine unverzichtbare Rolle in der regionalen Informationslandschaft einnehmen. Durch die Kombination aus hoher Themenvielfalt, starker lokaler Fokussierung und sorgfältiger Aufbereitung der Inhalte schaffen die Lokal-TV-Sender ein Informationsangebot, das nicht nur die Informiertheit der Bevölkerung verbessert, sondern auch die gesellschaftliche Teilhabe und die Fähigkeit zur demokratischen Meinungsbildung fördert. In einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Medienlandschaft bietet das lokale Angebot eine wichtige Möglichkeit, die Menschen in Sachsen gezielt über ihre unmittelbare Umgebung zu informieren und ihnen die Grundlage zu bieten, sich aktiv am demokratischen Leben in ihrer Region zu beteiligen.